Starkregen trifft Unternehmen - wie schütze ich meinen Betrieb?

18.09.2023
Starkregen trifft Unternehmen - wie schütze ich meinen Betrieb?

Deutlicher könnte ein Veranstaltungstitel nicht sein. Aktueller auch nicht, denn die Angst vor Schäden durch Extremwetterereignisse sitzt nicht nur denen im Nacken, die am 14. Juli 2021 von der Flut betroffen waren. Immer wieder kommt es im Sommer zu heftigen Regenfällen, die zwar sehr lokal sein können, aber in ihrem Risko nicht immer abschätzbar sind. Es gilt, Betrieb und Mitarbeitende zu schützen.

Volker Suermann

Über die Risikoanalyse und die Umsetzung möglicher Schutzmaßnahmen tauschten sich am 14. September rund 30 Gäste aus, die der Einladung der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (RBW) in Kooperation mit dem Netzwerk Klimaanpassung & Unternehmen.NRW (NKU) im Rahmen der „unverDHÜNNt Projekttage“. Im Veranstaltungsraum des Wupperverbandes im Infozentrum an der Großen Dhünn-Talsperre in Wermelskirchen, gefolgt waren. RBW-Geschäftfsführer Volker Suermann begrüßte die Gäste und dankte für die Unterstützung von Wupperverband und Bergische WasserkompetenzRegion :aqualon e.V.

Wie passend: Der Raum des Wupperverbandes mit Ausblick auf die Große Dhünntlaaperre

Warum Starkregen-Prävention so wichtig ist

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Unternehmensumfrage der RBW 2/2023

Die Ergebnisse der Anfang dieses Jahres durchgeführten Unternehmensbefragung mit dem Schwerpunktthema Nachhaltigkeit vermittelten vor allem zwei Kernbotschaften: Die erfreuliche Mehrheit der befragten Unternehmer aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis beschäftigt sich bereits mit der Thematik. Das ist die gute Nachricht an dieser Stelle. Was aber alarmierend ist: Lediglich neun Prozent der Befragten ordnen dem Unterthema „Klimafolgenanpassung und Klimarisikostrategien“ eine besondere Relevanz zu. Das Thema scheint also (noch) deutlich unterschätzt zu werden.

Dass hier aber deutlicher Aufholbedarf besteht, zeigt spätestens die mediale Berichterstattung der letzten Wochen: Starkregen und Überschwemmungen in Deutschland, Griechenland, Spanien, Hongkong, den USA und Libyen. Und das sind nur wenige Beispiele. Immer häufiger fällt der Begriff „Rekordregen“. Ein trauriger Rekord, angesichts der zahlreichen Todesopfer, Menschen, die ihr Zuhause verlieren und Gebäude, die erhebliche Schäden davontragen. Dieses Jahr jährte sich die Flutkatastrophe 2021 zum zweiten Mal. Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis hat sie ihre Spuren hinterlassen. Eine aktuelle Studie (Correctiv GmbH, Norddeutscher Rundfunk, Westdeutscher Rundfunk, Bayerischer Rundfunk, 2023) hat dieses Jahr nochmal deutlich gemacht, dass im Kreis auch zukünftig mit Extremwetter in Form von Hitze, Dürre, Wassermangel und eben auch Starkregen und Hochwasser zu rechnen ist.

Maßnahmen statt Konzepte

Prof. Dr.-Ing. Andreas Schlenkhoff

„Verteidigungsmaßnahmen“ nennt Prof. Dr.-Ing. Andreas Schlenkhoff, Leiter des Lehr- und Forschungsgebietes Wasserwirtschaft und Wasserbau an der Bergischen Universität Wuppertal, die Möglichkeiten, die Firmen ergreifen können, um sich vor zu viel Wasser zu schützen. „Machen Sie! Konzepte in der Schublade helfen in der Akutsituation nicht. Setzen Sie um, was geht, und wenn es nur 5 bis 10 Zentimeter Aufbau an Kellerschächten sind, das hilft schon. Und sei es nur, um Zeit zu gewinnen, in der Sie noch reagieren können“, so sein eindringlicher Appell, den er mit Berichten über die ergriffenen Maßnahmen an der Bergischen Universität Wuppertal, die ebenfalls von der Flut betroffen war, belegt. „Wir hätten den Klimawandel nicht gebraucht“, sagt er. Denn Starkregen sei eigentlich ein ganz normales Ereignis. Durch die zunehmende Erwärmung der Luft in den Sommermonaten käme es aber nun zu vermehrter Wasseraufnahme. „Und das Wasser muss ja irgendwo hin“. Dafür müsste neben den sogenannten Verteidigungsmaßnahmen aber auch die Infrastruktur angepasst werden. „Wir brauchen Fließwege, damit bei Starkregen das Wasser von der Straße wieder in den Fluss fließen kann,“ nannte er nur eine von vielen Anforderungen. Und es müsse mehr Informationen und Forschung geben. „Noch wissen wir nie ganz genau, wo und wann welches Ereignis in welcher Intensität stattfindet und warum es in manchen Gebieten so große Schäden anrichtet und in anderen nicht. Aber die Vorhersagen sind besser geworden“, so sein Resümee. Die Folien zum Vortrag finden Sie hier als PDF.

Klimarisikenabschätzung ist Managementthema

Dr. Oliver Krauss

Dr. Oliver Krauss vom Netzwerk Klimaanpassung und Unternehmen.NRW (NKU) erläutert konkreter die Tools und Maßnahmen, die präventiv ergriffen werden können. Das NKU bietet dazu verschiedene Hilfen und Information an. „Der Klimacheck ist ein guter und einfacher Einstieg in das unternehmerische Klimarisikomanagement“, empfiehlt er. Hier können die Unternehmen sich typisieren, ihr individuelles Risiko identifizieren und bewerten, um dann in das Anpassungsmanagement einzusteigen. Er rät dabei, auch die vor- und nachgelagerten Lieferketten zu beachten. „Bedenken Sie, was zu tun ist, wenn Sie im Ernstfall Ihre Rohstoffe oder fertigen Produkten nicht mehr transportieren können“, so sein Hinweis.

Die Maßnahmen unterteilte er in harte und weiche. Erstere sind z.B. die Kontrolle von Regeneinläufen, die Errichtung von Barrieresystemen und Schutzwällen gegen Flusshochwasser, Flutpumpen, Sandsäcke, Froschklappen und Flutboxen mit den wichtigsten Utensilien für den Ernstfall. Zu den weichen Maßnahmen gehört es, die Server nicht in den Keller oder das Erdgeschoss zu stellen und ein Wasser-Warnsystem im Keller oder Außenbereich zu installieren, denn „Wasser kommt auch nachts und am Wochenende“. Die Handlungsfelder, die einbezogen werden müssen, sind nicht nur die Gebäude, sondern auch die Energieversorgung und die IT, die Logistik und allen voran die Mitarbeitenden. Alle Folien zum Vortrag finden Sie als PDF hier. „Machen Sie die Abschätzung Ihrer Klimarisiken zum Managementthema“, appelliert Krauss und zeigt anhand von best practice, wie das gehen kann. Abschließend verweist er auf rund 50 Förderprogramme, die es zum Thema gibt und die NKU-Sprechstunde am 21. September, die darüber aufklären will. 

Der Klimacheck ist der Einstieg in das unternehmerische Klimarisikomanagement (NKU)
Auszug aus dem Maßnahmenkatalog zur Prävention von Schäden durch Starkregen und Hochwasser (NKU)

Ein neues Hochwasserschutzkonzept ..

Martin Geveke

… hat die Overather ASLAN Selbstklebefolien GmbH erstellt, nachdem sie ebenfalls vom Hochwasser 2021 betroffen war. Geschäftsführer Martin Geveke blickt in seinem Vortrag eindrucksvoll darauf zurück. Und seine Zuhörer können das nur zu gut nachempfinden. „Unser bestehendes Konzept passte nicht, denn das Wasser kam nicht vom Fluss, sondern aus der Kanalisation über die Straße zu uns“, sagt er. Er hat die Empfehlung von Andreas Schlenkhoff und die Ratschläge von Oliver Krauss bereits umgesetzt. Es gibt Spundwände, Meldesysteme, eine Flutbox (mit Notstrom-Aggregat, einer Pumpe inkl. zwei Verlängerungsschläuche für Abwasser, zwei Kabeltrommeln, zwei Lampen und zwei gefüllten Benzinkanistern á 5 Liter) sowie einen genauen Maßnahmenplan der Dinge, die im Fall der Fälle zu tun sind mit konkreter Reihenfolge.

In seinen Folien ist alles aufgelistet (PDF). Geveke kann nun entspannter in die Gespräche mit Versicherung und Wirtschaftsprüfung gehen. Ein Aspekt, den die Teilnehmer im Nachgang ausgiebig diskutierten. Doch der Chef von 65 Mitarbeitern zieht auch ein positives Fazit: Der Zusammenhalt und das Engagement der Mitarbeitenden sei großartig gewesen. Außerdem habe er Unterstützung von einem anderen Unternehmen bekommen, deren Geschäftsführer Geveke übrigens in den Netzwerken der RBW kennen gelernt hat. Aber auch die Erkenntnis „Hilf Dir selbst“, denn wenn die Feuerwehr selbst so überlastet ist, wie in der Nacht vom 14. Juli und den darauffolgenden Tagen, geht es nur mit Selbsthilfe. Pragmatisch schließt er seinen Vortrag mit dem Slogan „ASLAN – Kompetenz in Selbstklebefolien und in der Bekämpfung von Flutschäden“.

Rückblick auf den Tag danach: In der  Nacht von 14. auf den 15. Juli 2021 wurde die ASLAN Sleestklebefolien GmbH in Overath vom Hochwasser erfasst.

Angebote der RBW

Die RBW hat die Starkregen-Thematik im Projektbereich „Klimarisikostrategien für Unternehmen“ der Projektgruppe „Nachhaltig Wirtschaften“ aufgegriffen und unterstützt Unternehmer bei der betrieblichen Klimarisikoanalyse. Dazu zählen auch Unternehmensbesuche. „Uns ist es sehr wichtig, den Austausch mit den Unternehmern vor Ort zu pflegen. Gerade beim emotionalen Thema der Nachhaltigkeit ist es sinnvoll, sich ein Bild vor Ort zu machen und persönlich über die Herausforderungen und Anliegen der Unternehmer zu sprechen“, so Lisa Bartkowiak, Projektleiterin „Nachhaltig Wirtschaften“.

Die Projektgruppe „Nachhaltig Wirtschaften“ bei der RBW

Die Projektgruppe setzt sich aus vier Projektbereichen zusammen:

  • Energieversorgung und alternative Energiekonzepte für Unternehmen“
  • „Betriebliche Nachhaltigkeitslotsen und CO2-Bilanzierung“
  • „Klimarisikostrategien für Unternehmen“
  • „Zirkuläre Wertschöpfung“

Zu diesen Themen bietet die RBW neben einer Erst- und Orientierungsberatung auch Unterstützung beim „Überblick behalten“ im Themenfeld „Nachhaltigkeit“ und Möglichkeiten der Vernetzung und des Austauschs an. Dazu gehören sowohl Unternehmensbesuche als auch die Vermittlung von Experten. Zukünftig sollen auch Workshops, die Bereitstellung von Checklisten und verschiedene Veranstaltungsformate zum Nachhaltigkeits-Angebot der RBW gehören.
Ansprechpartnerin ist Lisa Bartkowiak, die Projektleiterin „Nachhaltig Wirtschaften“, telefonisch erreichbar unter 02204-9763-14 oder per Mail an bartkowiak@rbw.de.
Weitere Informationen sowie die letztes Jahr erschiene Nachhaltigkeitsbroschüre der RBW kann hier abgerufen werden: www.rbw.de/nachhaltig-wirtschaften

Lisa Bartkowiak stellte die Angbote der RBW vor.

Zudem sollen zukünftig von Starkregen und Hochwasser betroffene Betriebe im Rahmen von Exkursionen besichtigt und Best-Practice-Beispielen der Klimaanpassung eine Präsentations-Plattform geboten werden. Dafür eignen sich vor allem auch Netzwerk-Veranstaltungen, wie jene am 14. September. Zudem empfiehlt die RBW, ihren Newsletter zu abonnieren, auf Social Media zu folgen und sich für die entsprechenden Mail-Verteiler anzumelden. Dort werden regelmäßig wichtige Informationen zur Thematik verschickt.

Ein weiteres, ganz konkretes Angebot wird gerade „hinter den Kulissen“ entwickelt. So viel sei aber schon mal verraten: Anfang nächsten Jahres soll es einen Workshop zur Maßnahmenfindung für Starkregen-Prävention geben. Herzlich eingeladen sind Unternehmer aus dem Kreis, die bereits Erfahrungen mit Starkregen-Ereignissen sammeln mussten, sich mit anderen Gleichgesinnten auszutauschen und aktiv an einer Grundlage für einen Maßnahmenkatalog mitzuwirken. Dieser wird anschließend auf der Basis der Workshop-Ergebnisse von der RBW und ihrem Experten-Netzwerk entwickelt und den Unternehmen zur Verfügung gestellt. So möchte die RBW möglichst sinnvolle Maßnahmen entwickeln, die im besten Fall direkt angewendet werden können und nicht in der nächsten Schublade verschwinden.

Außerdem berät die RBW zu verschiedenen Förderprogrammen, die interessierten Unternehmen bei der praktischen Umsetzung von Starkregen-Präventionsmaßnahmen finanziell unter die Arme greifen können. Wenden Sie sich gerne an Slawomir Swaczyna, bei der RBW zuständig für Innovations- und Start-up-Förderung und Fördermittel und zu erreichen unter 02204-9763-15 oder an swaczyna@rbw.de.

Weitere Informationen sowie Empfehlungen für Leitfäden, Studien und hilfreiche Tools finden Sie in der Präsentation der RBW (PDF). Schauen Sie dort gerne mal vorbei. Im Vorgespräch für die Veranstaltung wurde schnell klar: Es ist sinnvoll, sich überhaupt erstmal eine Starkregengefahrenkarte anzuschauen, um herauszufinden, wie stark man selbst von Extremwetterereignissen betroffen sein kann und zu realisieren, wie wichtig Starkregen-Prävention ist. Und ansonsten gilt (um zu den Worten von Prof. Dr.-Ing. Schlenkhoff zurückzukehren): „Setzen Sie um, was geht!“

Die Teilnehmer nahmen die Informationen dankbar auf.

Hintergrund unverDHÜNNt

Die Projekttage „unverDHÜNNt Was(s)erleben“ haben vom 5. bis 17. September 2023 stattgefunden. Insgesamt wurde zu 50 Veranstaltungen eingeladen. Im Fokus der Projekttage stand Deutschlands zweitgrößte Trinkwassertalsperre. Im Rahmen diverser Veranstaltungen für alle Altersgruppen und Interessen lernten die Teilnehmenden die Große Dhünn-Talsperre, ihre Bedeutung für die Region und einen einzigartigen Naturraum im Bergischen Land kennen. Dabei verwirklichten die Projekttage die Idee naturverträglicher und ressourcensensibler Umweltbildung vor Ort. Die Veranstaltungen fanden in insgesamt acht Themenfeldern statt, die Veranstaltung der RBW und des NKU im Themenfeld „WasserÖkonomie“.
Die Organisatoren und Mitwirkenden der Projekttage waren der Bergische WasserkompetenzRegion :aqualon e.V., die Tourismusorganisation Das Bergische, der Wupperverband, der Rheinisch-Bergische Kreis sowie die Biologische Station Rhein-Berg, die Bergische Agentur für Kulturlandschaft, das NaturGut Ophoven, die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH, das Netzwerk Klimaanpassung & Unternehmen.NRW, der Wasserversorgungsverband Rhein-Wupper, die Landwirtschaftskammer NRW, der Verkehrs- und Verschönerungsverein Dabringhausen sowie Marita Jendrischewski.
UnverDHÜNNt wurde finanziell gefördert von der Kultur- und Umweltstiftung der Kreissparkasse Köln.

Autorinnen: Lisa Bartkowiak und Silke Ratte
Fotos: RBW

Kontakt: 
Lisa Bartkowiak, RBW-Projektleiterin „Nachhaltig Wirtschaften“
Tel.:  02204-9763-14
Mail: bartkowiak@rbw.de.

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