Fünf Männer und ein Bier

19.06.2020
Fünf Männer und ein Bier

Dellmann’s Bräu entwickelte sich vom Hobby zur Marke

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Bis März lief es richtig gut. Das Bier namens Dellmann’s Bräu erfreute sich stetig wachsender Beliebtheit. „Wir fühlten uns auf dem richtigen Weg“, sagt Stephan Singer. Dann kam der Shutdown und damit das Ende der Verkaufstage der Wermelskirchener Brauerei. Die Produktion wurde erst einmal eingestellt. Die Unsicherheit, wie es weitergehen wird, raubte mehr als einem der Dellmännern den Schlaf. Anfang Juni nahm die kleine Craftbeer-Brauerei ihre Kessel wieder in Betrieb. Am 20. Juni ist der erste Werksverkauf nach der Zwangspause. Doch eine gewisse Unsicherheit bleibt.

Alles nebenberuflich

„Schmale Einfahrt rechts von der Straße, es geht relativ steil hinunter - davon bitte nicht irritieren lassen. Parkplätze im Innenhof“, lautet die Wegbeschreibung. Vom Innenhof führt eine Rampe zu den Räumen der Brauerei. „Einige glauben, wir sind ein richtiges Brauhaus mit Gastronomie“, sagt Stephan Singer schmunzelnd. Bei Dellmann’s Bräu wird Bier gebraut und verkauft. Hinter der Marke steht eine GbR mit fünf gleichberechtigten Mitgliedern. In den letzten Jahren haben sie alle investiert und vor allem ihre Freizeit geopfert, um Biersorten zu entwickeln, die Räume herzurichten und das Bier bekannt zu machen - alles nebenberuflich.

Erstes Bier aus dem Glühweintopf

Begonnen hat es mit der Experimentierfreude von Simon Felbick. Der Feuerwehrmann probierte einfach einmal aus, eigenes Bier zu brauen. Anleitungen und Hilfsmittel fand er im Internet, den ersten Sud kochte er im Glühweintopf auf dem heimischen Herd und ließ das Ergebnis im kühlen Gewölbekeller reifen. Freunde mussten probieren. „Pro Nase zwei bis drei Gläser, mehr als zwei bis drei Liter kamen da nicht raus“, erzählt der 37-Jährige. Leidenschaft und Ehrgeiz waren geweckt und er versuchte sich mit eigenen Rezepten. Mit zwei Freunden entstand schließlich 2015 die Idee, nicht nur für den Eigenbedarf die Maische anzusetzen. Doch dem hat der Gesetzgeber enge Grenzen gesetzt. „Jeder darf maximal 200 Liter im Jahr privat brauen, und dieses Bier darf auch nicht verkauft werden“, erklärt Felbick. Wenn also Bier brauen, dann auch richtig: die Geburtsstunde von Dellmann’s Bräu.

Alles in Eigenleistung

Räume zum Brauen und für den Verkauf fanden die Gründer in einer Industriebrache in Elbringhausen. 2016 wurde renoviert: Wasserleitungen und Fenster erneuert, Komplettanstrich inklusive Böden und neuer Wand. „Wir haben in Kooperation mit dem Gesundheitsamt gearbeitet“, erklärt Singer. Es galt Hygienevorschriften einzuhalten und auch die Zollauflagen zu erfüllen. „Alles haben wir selber gemacht mit Hilfe von Freunden und Bekannten“, erzählt der 49-Jährige. Finanziert wurde der Umbau aus der eigenen Tasche, auch die Anschaffung der Brauanlage. „Wir wollten keinen Kredit aufnehmen und haben uns für eine vergleichsweise einfache Lager- und Tanktechnik entschieden“, sagt Felbick. Im Juli 2016 wurde das erste Bier gebraut, im November 2016 fand der erste Werksverkauf statt.

Ideales Team

Das alles erforderte Zeit. Zeit, die nicht jeder auf Dauer aufbringen konnte oder wollte neben dem normalen Arbeitsalltag. Zwei der ursprünglichen Gründungsmitglieder schieden aus, dafür kamen neue hinzu. Der 23-jährige Grafikdesigner Caj Höfer war begeistert von dem Projekt und fragte irgendwann nach, ob nicht auch gestalterische Unterstützung gebraucht würde.

 Über ihn stieß auch Pascal Püllen zu Dellmann’s Bräu. Der 23-Jährige Steuerfachangestellte kümmert sich um die Büroangelegenheiten. Stephan Singer gehörte als langjähriger Freund von Simon Felbick von Anfang an zu den Probetrinkern und irgendwann stieg der Journalist voll ein. Jonathan Wagner hatte ebenfalls das Brauen für sich entdeckt und war auf der Suche nach einer kleinen Brauerei. Er wollte Erfahrungen für eine eigene Brauerei sammeln. „Er stand auf einmal hier und sagte, er würde gerne Bier brauen“, erinnert sich Felbick, der schnell merkte, dass sein Gegenüber Ahnung hatte. Inzwischen gehört der 40-jährige Fitnesstrainer und Mitarbeiter der Lebenshilfe seit fast zwei Jahren zu Dellmann’s Bräu. Die Zusammensetzung ist ideal. „Wenn wir all die Aufgaben extern vergeben würde, könnten wir uns das nicht leisten“, ist sich Felbick sicher.

Normalerweise jetzt Hochsaison

Das Brauteam: Simon Felbick, Jonathan Wagner und Pascal PüllenBild vergrößern
Das Brauteam

Das Brauteam besteht aus Simon Felbick, Jonathan Wagner und Pascal Püllen. Meist wird zu zweit gebraut. „Ein Braugang dauert acht Stunden, da wird die Zeit schon mal lang, zu zweit ist das angenehmer“, sagt Felbick. Mit Aufräumen und Reinigung vergehen oft elf oder zwölf Stunden. Caj Höfer und Stephan Singer zeigen sich für den Verkauf verantwortlich. „Wir kommen alle schnell auf 30 Stunden in der Woche“, schätzt Felbick. Im Sommer ist Hochsaison - normalerweise. „Wir haben Feste wie Rock am Markt, die Wermelskirchener Kirmes, da wären wir jetzt schon voll in den Vorbereitungen, damit wir die benötigten Mengen parat haben.“ Doch durch Corona fällt das jetzt flach, genauso wie viele Werbemöglichkeiten. „Wir legen unsere Flyer mit den Werksverkaufs-Terminen normalerweise im öffentlichen Raum aus, doch es war ja alles geschlossen“, so Singer.

Onlineshop in Coronazeiten

In der Coronakrise entstand der Onlineshop von Dellmann’s Bräu. „Den haben wir schon seit der Gründung im Kopf gehabt“, sagt Singer. Doch man habe sich erst einmal dagegen entschieden. „Wir dachten ein Onlineshop sei in der Aufbauphase als zusätzlicher Vertriebsweg erst einmal kontraproduktiv.“ In Zeiten des Shutdowns fielen diese Bedenken weg und innerhalb einer Woche war der Shop eingerichtet und wurde gut genutzt. „Das fängt zwar nicht unseren Verlust durch den Lockdown in der Gastronomie und bei den Werksverkäufen auf, aber es hat uns geholfen“, so Singer. Innerhalb von Wermelskirchen wird das Bier zurzeit frei Haus geliefert. „Wir sind rumgefahren und haben das Bier persönlich gebracht“, erzählt Felbick. Aber auch Pakete nach Hamburg oder Passau wurden verschickt. „Das ist ein guter Nebeneffekt und hilft, unser Bier immer mehr bekannt zu machen“, sagt Singer schmunzelnd.

Anerkennung von Profis

Angefangen hat Dellmann’s Bräu mit zwei Biersorten, dem Pale Ale und dem Biir. „Das Pale Ale ist bis heute unverändert. Bei dem Biir haben wir noch am Geschmack geschraubt“, sagt Felbrick. Pro Braugang werden 250 bis 300 Liter produziert. Werden für anstehende Feste größere Mengen benötigt, wird auch schon mal mit einer größeren Anlage bei befreundeten Brauern gearbeitet. „Da haben wir uns schon gefragt, wie die Profis uns sehen, wir sind ja reine Autodidakten“, erinnert sich der Feuerwehrmann. Doch die Resonanz war durchweg positiv. „Ein Profi war hier, hat sich alles angeschaut und war begeistert. Inzwischen macht er bei uns Tests für neue Rezepte. Hier bei uns wandern bei einem Fehlversuch nur 100 Liter in den Gully, bei der großen Anlage, mit der er normalerweise arbeitet, sind es über 1.000 Liter.“ Inzwischen sind die Dellmänner in der Brauszene bekannt und anerkannt. „Man kennt sich und hilft sich auch schon mal mit zwei Säcken Malz aus oder so.“

Craftbeer

Das brauen von Craftbeer entstand in den 1980er Jahren in den USA als Gegenbewegung zu industriell gebrautem Bier. „Craft“ steht im Amerikanischen für „handgemacht“. Auch in Deutschland finden sich immer mehr kleinere, in ihrem Vertrieb meist regional beschränkte Brauereien, die charaktervolle Biere mit einzigartigen Geschmacksprofilen produzieren.

Schwieriger Vertrieb

Das Sortiment ist bis jetzt auf sechs Biersorten angewachsen. Gebraut wird mit verschiedenen Hopfensorten, teilweise nach deutschem Reinheitsgebot, teilweise auch nicht. Örtliche Einzelhändler haben Dellmann’s Bräu im Sortiment, Restaurants das Bier im Ausschank, dazu kommt der Werksverkauf, der dreimal im Monat angeboten wird. Der Vertrieb ist nicht einfach. „Wir haben keinen großen Werbeetat“, sagt Stephan Singer. „Wir sprechen die Leute persönlich an und leisten viel Überzeugungsarbeit.“ Das Klinkenputzen zeigt erste Erfolge, denn inzwischen haben sogar Craftbeer-Shops in Köln Dellmann’s Bräu im Angebot. „Wir vertreiben immer mehr auch außerhalb von Wermelskirchen“, sagt Caj Höfer. „Nach Köln zu gehen war ein wichtiger Schritt.“ Im Angebot stehen auch personalisierte Biere für Firmen und zu Hochzeiten oder Geburtstagen. Darüber hinaus bietet Dellmann’s Bräu auch Bierproben, Besichtigungen und Braukurse an. „Früher hatten wir maximal 25 Teilnehmer, jetzt passen wir die Teilnehmerzahl an die Coronabedingungen an“, sagt Singer.

Profit durchaus erwünscht

Corona hat bei Dellmann’s Bräu zu erheblichem Umsatzeinbruch geführt. Die letzten Monate waren ein Zusatzgeschäft. Langfristig soll das Unternehmen aber Gewinn abwerfen. „Was an Energie und Zeit reingeht sollte auch irgendwann rauskommen“, sagt Johann Wagner. Auch oder gerade weil die ganze Arbeit neben dem Hauptberuf geleistet wird.

Dellmann - der Namensgeber

Der Name Dellmann ist in Wermelskirchen oft zu finden. Der evangelische Pfarrer Gustav Dellmann (1849 - 1914) hat in seinem Kirchenkreis einen bleibenden Eindruck hinterlassen, sorgte er doch durchsetzungsstark dafür, dass sein Kirchenkreis in allem gut ausgestattet ist. Seit dieser Zeit wurden die Wermelskirchener auch Dellmänner genannt, was zunächst als Synonym für „Schnorrer“ gemeint war. „Doch die Wermelskirchener haben das rumgedreht, wir sind stolz darauf, was wir alles hinbekommen haben und hinbekommen“, sagt Simon Felbick. Und da sich die Brauer ihrer Heimat verbunden fühlen, war der Name für ihre Marke schnell gefunden. Die ans englische angelehnte Schreibweise mit einem Apostroph ist ganz bewusst gewählt. „Wir wollten zum einen den Namen ganz klar herausstellen“, so Felbick. „Und das ‚S’ haben wir noch drangehangen, weil es bei einer Bestellung einfacher auszusprechen ist.“

Prost! Die Dellmänner bekommt mal selten auf einmal zu sehen: Für uns haben sie gemeinsam angestossen.

Autorin und Fotos: Elke Landschoof
Dellmann's Bräu

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